Badischen Zeitung, 24. 2. 2014, Erika Sieberts
Expansive Malerei trifft auf dreidimensionale Kulturkritik
Malerin Elke Zauner und Objektkünstler Michael Göbel zeigen im Artforum ihre gemeinsamen künstlerischen Ansätze. OFFENBURG. Scheinbar spielerisch haben die beiden Künstler Elke Zauner und Michael Göbel in der Galerie des Artforums die Räume bestückt. Leicht und frei kommen die Kunstwerke auf Wand und Sockel daher, als ob man daran weitermalen und weiterbauen könnte. Dabei ist alles streng geplant. Kein Bild von Zauner entsteht aus dem gestischen Strich und kein Objekt stellt Göbel mit schneller Hand zusammen. Die Malerin aus München und der Objektkünstler aus Kassel haben sich bei Symposien kennengelernt und bemerkt, dass sie künstlerisch ähnliche Ansätze haben. Dies ist ihre erste gemeinsame Ausstellung: er, 1973 in Niedersachsen geboren, Studium an der Kunsthochschule in Kassel – sie, 1972 in Bayern geboren, Studium an der Akademie für bildende Künste in München. Da sind die bemalten Wände und Leinwände von Elke Zauner, die quasi über sich hinausmalt. Expansiv sind die Konstruktionen, die sie zunächst auf einer Leinwand anlegt, deren Linien und Farbflächen jedoch den dafür vorgesehenen Rahmen verlassen und sich wie Baugerüste und Kräne über die gesamte Wand verteilen und ihre eigene Architektur schaffen. Perspektivische Fluchten bringen Dynamik, Farbe verleiht den Linien Hierarchie und den Flächen harmonische Muster. Der Betrachter beobachtet von seinem Standort aus den Bau einer Großstadt im Zeitraffer. Stillstand, Eingefrorensein als Gefühlsausdruck, vermitteln die Arbeiten von Michael Göbel. Zwei Modelle bereits ausgeführter Arbeiten liegen wie Opfer einer beendeten Freizeitkultur auf einem Sockel: das Fragment eines Riesenrads und das eines Kettenkarussells. Inhaltlich eine ebenso zufällige wie treffliche Ergänzung zum großen Wandbild von Elke Zauner, das sie Phantasialand genannt hat. Die Eindrücke habe sie beim Arbeiten im Freizeitpark bei Köln gesammelt. Auch das Riesenrad von Michael Göbel hat eine reale Geschichte. Der Künstler bezieht sich auf einen Mitte der 1980er Jahre in Plan befindlichen Rummelplatz in Prypjat, der den Angestellten des Atommeilers in Tschernobyl Abwechslung verschaffen sollte. Das Projekt ist gestoppt worden. Göbel schafft dreidimensionale Objekte und gibt ihnen einen einheitlichen Anstrich. Gleichmachen will er individuelle Erscheinungen, kaum mehr unterscheidbar voneinander – ob es Baukastenelemente sind, die er in seiner eierschalenfarbenen Pförtnerloge zeigt, oder Riesenrad und Karussell. Unter ihrer monochromen Hülle verlieren die Gegenstände ihre Einzigartigkeit. Göbel setzt sich kulturkritisch mit dem Individualismus auseinander. Auf der oberen Etage zeigt er seine Schmetterlingssammlung, die er selbst gebaut und einheitlich geschwärzt hat, ebenso Armbanduhren in offenen Schatullen. So entzieht er den Dingen ihre Daseinsberechtigung als bunte Schönheit oder modernes Designobjekt. Auch zeichnerisch untersucht Göbel die Grenzen des Monochromen. Mit hellen Grautönen auf weißem Papier entwirft der Künstler Stillleben, die ganz subtil ihre Komplexität entfalten.